Goldrush 2000 Brooks Range Alaska

1. Teil Ein Bericht von Erwin Duss

 

Flug nach Alaska

Es ist Donnerstag der 29. Juni, als sich eine 12-köpfige, zum Teil goldhungrige Truppe bei Dani Gerber in Fairbanks einfindet. Trotz einem relativ langen Flug Zürich – Whitehorse – Anchorage – Fairbanks, sind wir noch nicht müde genug, um uns zur Ruhe zu legen, denn jeder will nach einer ausgiebigen Dusche noch ein Bierchen zwitschern und vor allem die Mitternachtssonne erleben. Wir sind uns bewusst, für die nächsten drei Wochen wird es nicht mehr dunkel.

Hans, Otto und Erich sind schon eine Woche früher angereist und haben eine Tour bis ans Nordpolarmeer unternommen, wo die Alaska Pipeline beginnt.

Dani, Peter, Fred, Kurt, Arno, Claude, Werner, Jürg und ich sind die weiteren Teilnehmer dieser Tour. Frank wird erst morgen zu uns stossen, da er die schöne Strecke von Anchorage nach Fairbanks per Railroad zurücklegt und sich noch im Denali Nationalpark umsehen wollte.

Freitag der 30. Juni ist für fast alle von uns ein Ruhetag. Dani Gerber und ich hingegen erstellen den Menuplan für die nächsten zwei Wochen und fahren in Anbetracht der Liste gleich zum Engrosmarkt. Mit zwei riesigen Einkaufswagen, voll mit Lebensmitteln, spricht uns eine Amerikanerin an und fragt uns, ob wir am verhungern seien. Zurück im Bed & Breakfast (B&B) verpacken wir alles in Bananenkisten, damit unsere Vorräte für die Tour gut aufgehoben sind und einfach transportiert werden können.

Vorbereitungen

Samstag ist der Tag der letzten Vorbereitungen, denn draussen in der Wildnis werden wir keine Möglichkeit mehr haben um vergessene Dinge einzukaufen. Wir fassen also unsere Zelte, stellen sie auf dem Rasen des B&B auf, um zu sehen ob alles komplett ist. Erich erklärt sich bereit, für die Getränke verantwortlich zu sein und die Buchführung zu übernehmen. Gegen Mittag fahren wir zu einem Ausrüstungsladen für Goldgräber, wo wir uns noch mit diversem Material eindecken können. Über Mittag machen wir im Freizeitpark "Alaska Land" einen kurzen Halt und gehen anschliessend zu einem "Hardware" Laden um noch einige Schaufeln und Eimer zu kaufen. Die ersten Hochrechnungen haben ergeben, dass wir uns während der Tour an die 300 Dosen Bier zu Gemüte führen werden. Mineralwasser und Whisky dürfen natürlich auch nicht fehlen, so dass die durstigen Kehlen nicht austrocknen werden.

Für am Abend haben wir einen Grillplausch organisiert. Die Menükarte tönt viel versprechend. Neben dem Salatbuffet haben wir schöne Schweins- und New York Steaks von ca. 500g, eingekauft. Bei Kalifornischem Wein, reichlich Bier, Kaffee und Kuchen wird es zu einem richtigen Fest. Besonders als Fred, Hans und Kurt schöne Lieder aus ihren Kehlen ertönen lassen. Kurt zieht plötzlich seine Mundharmonika aus der Brusttasche und spielt darauf wie ein junger Gott. Unsere Gastgeberin taucht plötzlich mit einer Flasche Goldschläger auf, und es dauert nicht lange, und sie, die Flasche natürlich, ist schnell weggeputzt. Trotz der grossartigen Stimmung ruft bei den meisten zu später Stunde, die Verabredung mit ihrem Kopfkissen. Nur Kurt, Peter und ich wollen Fairbanks noch einen Besuch abstatten. Obschon es nach Mitternacht ist, kann man draussen Zeitung lesen oder sich wie wir, in düstere Kneipen verziehen.

Flug über den Polarkreis

Es ist Sonntag, als wir nach dem Frühstück mit einem riesigen Berg an Ausrüstung und Lebensmitteln, den Weg zum Flughafen antreten. Beim Einchecken realisieren wir, wie viel Gepäck wir tatsächlich haben. Über 50 Gepäckstücke mit einem Gesamtgewicht von rund 900 kg sind es, was zur Folge hat, dass wir einige $ an Übergewicht bezahlen müssen. Nach einiger Verzögerung können wir die 24-plätzige, zweimotorige Turboprop-Maschine besteigen, die uns über den Yukon und den Polarkreis nach Bettles bringt. Nach einem Schlechtwetterflug setzen wir bei Wind und Regen sicher auf der Schotterpiste von Bettles auf. Bettles ist eine kleine Siedlung mit rund 60 Einwohnern und dient als Ausgangspunkt für Touren im Brooks Range Nationalpark.

Warten auf das Gepäck

Eigentlich wäre geplant gewesen, dass wir mit einer Cessna direkt zum Claim weiterfliegen können. Leider ist jedoch nur ein kleiner Teil des Gepäcks mit unserem Flug angekommen und auch nach dem nächsten Flieger fehlt uns noch ein grosser Teil unserer Ausrüstung. Da wir erst weiterfliegen können, wenn alles komplett ist, bleibt uns nichts anderes übrig, als auf den dritten Flieger zu warten, der einige Stunden später eintrifft. Uns bleibt so genügend Zeit, um in der Bettles Lodge, ein Nachtessen zu bestellen. Infolge der mangelhaften Logistik von Frontier-Airlines treffen unsere restlichen Gepäckstücke erst gegen 22 Uhr in Bettles ein. Zwei einmotorige Cessnas fliegen insgesamt fünfmal um uns und das Material zum Crevice Creek zu bringen. Ein Extraflug geht wohl auf das Konto unserer Bierchen. Um 24 Uhr treffen die letzten von uns bei Lill und Bill, dem Besitzer des Claims, ein. Bill und Lill wohnen seit Ende der fünfziger Jahre an diesem entlegenen Ort und haben bis vor wenigen Jahren, die nördlichste Farm von Alaska geführt. Jetzt, in ihrem Alter von 70 Jahren, reicht die Zeit und Kraft immerhin noch für einen riesigen Garten. Lill aber führt nach wie vor, Jäger aus der ganzen Welt, zu den begehrten Dallschafen.

Überraschung am Crevice Creek

Bill, von dem wir sehr freundlich begrüsst werden, erklärt sich zu später bzw. früher Stunde bereit, unser Gepäck mit seinem Bulldozer und einem Metallschlitten in Richtung Camp, das ca. eine Marschstunde flussaufwärts liegt, zu bringen. Bill stellt uns noch einige Holzbretter zur Verfügung, die wir für unser Camp gut werden gebrauchen können. Bereits vom Flugzeug aus mussten wir feststellen, dass uns in diesem Sommer ganz ungewohnte Hindernisse einen Strich durch die Rechnung machen werden. Bill ist nämlich nur in der Lage ca. 2/3 der Strecke zu fahren, dann versperrt uns eine zwei bis drei Meter dicke Eisschicht den Weg. Das Risiko weiter zu fahren ist zu gross. Hohlräume unter dem Eis könnten den Bulldozer einbrechen lassen und so bleibt uns nichts anderes übrig, als abzuladen und zu Fuss weiter zu gehen. Otto und Hans sind bereits vorausgegangen, um festzustellen ob der Platz, wo wir unser Camp aufschlagen wollen, eisfrei und genügend gross ist, um sieben Zelte aufzustellen. Einige Teilnehmer sind bereits fast am Ende ihrer Kräfte und möchten an Ort uns Stelle übernachten. Nach dem Machtwort von Daniel tragen wir das Nötigste an Material über das Eis, ca. einen Kilometer weit, zum vorgesehenen Platz unseres Camps. Wir stellen sogleich unsere Zelte auf, machen uns etwas heisses zu trinken und verkriechen uns hundemüde gegen drei Uhr in der Früh in die Schlafsäcke.

Camp aufstellen

Es ist gegen 9 Uhr, als alle aus den Federn gekrochen sind und wir uns ein ausgiebiges Frühstück zubereiten. Einige sind bereits zum Schlitten runter gelaufen und haben einen weiteren Teil unseres Materials hochgetragen. Frisch gestärkt, geht es an die Arbeit, das Camp zu errichten. Die verschiedenen Arbeiten sind bereits in Fairbanks ausgelost worden, so dass jeder weiss, was er zu tun hat. Nach einigen Stunden intensiver Arbeit, steht unser Luxuscamp für die nächsten 9 Tage. Es ist komplett eingerichtet mit einer überdachten Doppeltoilettenanlage und je einem Donnerbalken. Ein Esstisch mit Bänken wurde gezimmert und mit einem Partyzelt überdeckt. Später wird auch unser Gepäck und die Küche vom Regen geschützt. Den Küchentisch, den die Leute für mich zusammengebaut haben, hätte nicht besser herauskommen können. Für die Kühlung von Bier und Mineralwasser hat es gleich unterhalb des Camps einen kleinen See, wo wir sämtliche Dosen hineinlegen können. Für Frischfleisch, Gemüse, Obst und Milchprodukte schlagen wir mit Beil und Brechstange ein Loch in die Eisschicht. Hier sind die Speisen so gut wie in jedem Kühlschrank aufbewahrt. Gegen 15 Uhr sind wir mit dem Aufbau fast fertig.

Erste Waschversuche

Um unseren Goldhunger zu stillen brechen wir auf, um flussaufwärts unsere ersten Waschversuche zu unternehmen. Dani, top ausgerüstet mit dem besten Metalldetektor den es zur Zeit auf dem Markt gibt, geht allen voran und zeigt uns, wo wir am besten nach dem Edelmetall buddeln sollen. Unweit vom Camp entfernt, sticht mir eine wunderbare Stelle mit Bedrock in die Augen, wo Kurt und ich sofort mit Brechstange und Schaufel, die Felsplatten aufreissen und mit der Handpumpe das lose Material in die Goldwaschpfannen saugen und mit dem Auswaschen beginnen. Wir sind vom Resultat begeistert, denn in jeder Pfanne hat es Gold und immer mehr, so dass ich Kurt des öfteren ein kräftiges "Eyeyoo" entlocken kann, das weit ins Tal hinauf zu hören ist. Als wir schon einige grämmige Nuggets gefunden haben, beschliessen wir den Rest der Gruppe einzuholen. Auch sie können einige Nuggets von mehreren Gramm vorzeigen. Die Begeisterung ist gross und der Arbeitswille enorm. Gegen 20 Uhr brechen wir unsere Arbeit ab und kehren zum Camp zurück. Das Abendessen wird zubereitet, während Hans, Otto und Peter einen Koreaofen bauen. Wir haben nämlich im Sinn, zwischendurch selber Brot, Pizzas und Käsekuchen zu backen. Otto Bläsi hat für diesen Zweck ein altes Ölfass gefunden und von weit unten hochgetragen.

Claude sammelt alle Sniffer ein, reinigt und trocknet das Gold. Nach dem Essen wird die Halbtagesausbeute unter grosser Spannung gewogen und zu unserem Erstaunen haben wir tatsächlich in der kurzen Zeit 19.44 g Gold geschürft. Claude nimmt das Gold in seine Obhut, verwaltet das Ganze und führt die nächsten Tage über unsere Funde genau Buch. Nach einigen verdienten Bierchen, denn es gibt ja Anlass zu feiern, legen sich alle sichtlich zufrieden schlafen.

Tägliches Goldgräberleben

Heute stehe ich bereits um fünf Uhr auf, mache Feuer, stelle Wasser auf, bereite Thonsandwiches zu und lege Obst und Riegel für den Lunch parat. Damit wir heute früh aufbrechen können und nicht viel Zeit verlieren, sorge ich auch gleich für die Zubereitung des Frühstücks. Um neun Uhr sind wir bereits abmarschbereit. An einer viel versprechenden Stelle füllen wir die mitgebrachten Säcke mit Sand, um den Fluss umzuleiten. Die Schleusen werden gesetzt und das ganze Geschiebe wird bis auf den Bedrock durchgewaschen. Auch die kleine mitgebrachte Dredge kommt zum Einsatz. Leider müssen wir aber schon bald ernüchternd feststellen, dass wir uns mehr auf Spalten und Ritzen konzentrieren müssen und dies besonders weiter flussaufwärts.

Die Oldtimer (Goldgräber vor ca. 100 Jahren) und auch der Bill, der mit schweren Maschinen gearbeitet hat, haben relativ viel Gold liegen lassen. Denn zu dieser Zeit waren Metalldetektoren noch unbekannt. Ca. eine Stunde Fussmarsch von unserem Camp entfernt steht die riesige Schleuse von Bill, mit der er vor sieben Jahren noch gearbeitet hat. Jetzt steht sie verlassen dort und rostet vor sich hin. Flussaufwärts von hier ist das Geschiebe noch sehr jungfräulich und die letzten zwei Jahre hat Dani Gerber schon mit einigen Leuten viele schöne Nuggets hervorgeholt.

Auch diesen Sommer scheint uns das Glück hold zu sein, denn immer wieder weist unser Leiter auf Stellen wo ein Signal aus dem Kopfhörer ihm zu verstehen gibt, dass Nuggets nur darauf warten ausgegraben oder abgesaugt zu werden. Das Grösste stellt sich am Abend heraus, wiegt sieben Gramm. Gesamtausbeute vom ersten vollen Arbeitstag: 46,5 Gramm. Kein schlechter Anfang, wenn man bedenkt, dass wir am Morgen viel Zeit mit dem umleiten des Baches vertrödelt haben.

Mittwoch 5. Juli. Heute bringen wir auch die Dredge, welche Claude aus der Schweiz mitgebracht hat, zu unserer bisher besten Stelle. Claude zwängt sich in seinen Trockenanzug, Arno hilft ihm dabei und zu zweit nehmen sie die Dredge in Betrieb. Dani und Hans gehen noch weiter hoch und finden an einer Stelle einige schöne Nuggets, ca. 5 Meter oberhalb des Flusses in der Uferböschung. Zurück im Camp, können auch heute wiederum alle Gold vorzeigen. Die Ausbeute von heute wird mit 43.87 Gramm festgehalten.

                   

Angenehmer Besuch

Wie wir bereits alle informiert wurden, sollte morgen ein Ehepaar aus der Schweiz auf Besuch kommen, um einmal ein bisschen Goldgräberluft zu schnuppern. Zu unserer Überraschung treffen Peter und Viktoria Böni aus dem Glarnerland jedoch schon am Abend ein. Wir werden begrüsst wie alte Freunde und werden mit Whisky beschenkt. Der Boss von Para Tours, Rolf Meyer, hat ihnen zudem noch einige frische Früchte mitgegeben, die wir alle sehr zu schätzen wissen.

Am nächsten Tag steht für einen Teil der Gruppe eine Bergwanderung mit Mineraliensuche auf dem Programm. Dani und Jürg wollen sich infolge einer hartnäckigen Erkältung im Camp ausruhen. Aus diesem Grund habe ich den Auftrag bekommen, Peter und Viktoria in die Geheimnisse des Goldwaschens einzuweihen, was mir auch bestens gelingt. Schon mit den ersten ausgewaschenen Pfannen kommt Gold zum Vorschein, was Bönis sehr beeindruckt. Mit der Brechstange schieben Fred und ich grosse Felsplatten auf die Seite, wodurch das Wasser trübe wird. Beim Aufklaren, sehen wir die Nuggets plötzlich nur so daliegen. Am Abend sind wir über das Ergebnis unserer Funde natürlich gespannt. Als wir das Gold auf die Waage legen, bleibt die Anzeige bei fast zwei Unzen stehen. Das Grösste wiegt genau 12 Gramm, und dies ohne Detektor. Plötzlich wirft Daniel ein 12.6 Gramm Nugget, eine richtige Kugel, in die Waagschale und lächelt verschmitzt. Ihm und dem Jürg ging es am Nachmittag wieder ein wenig besser. Jürg hatte am Vormittag eine Bärenspur mit Gips ausgegossen. Als sie sie kontrollieren wollen, suchen sie auch noch für kurze Zeit den Bedrock ab und finden innerhalb kurzer Zeit fast eine halbe Unze. Zusammen bringen wir es heute also auf eine Tagesausbeute von 71.5 Gramm. Der Rest der Gruppe kehrt zwar müde aber mit vielen begeisterten Eindrücken von ihrer Bergwanderung zurück. Leider ohne Kristalle, da das Felsmassiv grösstenteils aus Kalkstein besteht.

Nach einem sehr erfolgreichen Tag sind alle recht hungrig. Kurt hat diesmal für unser Abendessen bestens vorgesorgt und so stehen heute Äschen an einer Weissweinsauce mit Salzkartoffeln und Salaten auf dem Menuplan. Bis morgens um drei Uhr wird tüchtig gefeiert, so dass der Bier- und Whiskyvorrat mächtig schrumpft. Fred singt Arien, Kurt spielt auf seiner Mundharmonika und plötzlich ist die Truppe so in Stimmung, dass alle einen Indianertanz um ein gebrauchtes Ölfass vorführen.

Der folgende Auszug aus Claudes Buchführung gibt Euch Aufschluss über die Gewichte unserer gefundenen Nuggets.

In der linken Spalte sind die grössten Nuggets des jeweiligen Tages aufgelistet. Rechts seht Ihr die Tagesausbeute der ganzen Gruppe.


  Fortsetzung des Berichts


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